Was ist eine Autoimmunerkrankung?
leben-mit-lupus Redaktion 1. März 2023
Eine Autoimmunerkrankung beschreibt eine Erkrankung, bei der das Immunsystem Organe oder Gewebe des eigenen Körpers attackiert und sind daher auch nicht ansteckend. Die Unterscheidung zwischen Fremd und Eigen durch das Immunsystem ist nicht absolut, und unter bestimmten Umständen kann dieses System gegen den eigenen Körper fehlgeleitet werden, den es eigentlich schützen soll. Dementsprechend wurden abweichende Reaktionen des Immunsystems auf den eigenen Körper mit über 80 entzündlichen Erkrankungen in Verbindung gebracht, die zusammenfassend als „Autoimmunerkrankungen“ definiert werden.1
Die Autoreaktivität beschreibt dabei das Ausmaß der fehlgeleiteten Immunreaktion. Diese reicht von einem niedrigen „physiologischen“ oder normalen Grad an Selbstreaktivität, der für das Immunsystems unerlässlich ist, über einen mittleren Grad an Autoimmunität, der sich als zirkulierende Autoantikörper und geringfügige Gewebeinfiltrate ohne klinische Folgen manifestiert, bis hin zu einer mit dem Immunsystem verbundenen pathogenen Autoimmunität, die zur Schädigung von Organen führt.2
Je nachdem ob spezifische Organe bzw. Gewebe oder unterschiedliche Organe betroffen sein können spricht man von organspezifischen oder systemischen Autoimmunerkrankungen. Organspezifische Erkrankungen sind zum Beispiel Typ-I-Diabetes (T1D), Multiple Sklerose, entzündliche Darmerkrankungen (CED) und Myasthenia gravis. Systemische Autoimmunerkrankungen Erkrankungen sind zum Beispiel Lupus erythematodes (SLE), systemische Sklerose (SSc) und Sjögren-Syndrom.1
Die meisten Autoimmunerkrankungen weisen eine klinische Heterogenität auf, das bedeutet die klinischen Manifestationen derselben Erkrankung können von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Außerdem ist eine polygene Natur typisch, die meisten Autoimmunerkrankungen werden also nicht von einem einzelnen Gen verursacht bzw. gesteuert, sondern aus dem Zusammenspiel von vielen unterschiedlichen Genen zusammen mit verschiedenen Umweltfaktoren.1
Unterschiede bei Frauen und Männern
Wusstest du schon?
Autoimmunerkrankungen haben eine hohe Prävalenz (∼7–9%) in der Bevölkerung und betreffen häufiger Frauen als Männer.
Bei manchen Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise dem SLE sind ca. 85% der Betroffenen Frauen.3
Es ist seit langem bekannt, dass die meisten Autoimmunerkrankungen nicht gleichmäßig zwischen Männern und Frauen aufgeteilt sind, mit einer höheren Inzidenz bei Frauen. Es wird angenommen, dass zwei Hauptfaktoren zu diesem Dimorphismus beitragen: Sexualhormone und direkte Effekte von Genen auf dem X-Chromosom.4
Der Beitrag von Sexualhormonen wurde durch die Beobachtungen nahegelegt, dass die erhöhte Inzidenz bei Frauen im Vergleich zu Männern vor allem nach der Pubertät einsetzt. Außerdem konnte man in Experimenten zeigen, dass Östrogene (also weibliche Sexualhormone) die Immunantwort und Autoimmunität bei Mäusen mit Lupus-ähnlichen Erkrankungen verstärken, während Androgene (also männliche Geschlechtshormone) diese unterdrücken.1
Weibliche Hormone üben weitreichende Auswirkungen auf mehrere Gene aus, die für immunologisch relevante Bestandteile des Immunsystems kodieren, einschließlich entzündlicher Zytokine sowie Signalmoleküle zur Erkennung von Bakterien und Viren.5,6
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Ursachen für das Auftreten von Autoimmunerkrankungen sehr vielseitig und komplex sind. Erst durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren und Ereignisse kann eine Autoimmunerkrankung ausgelöst werden und alle Mechanismen sind bis heute noch nicht eindeutig erforscht – zugrunde liegt immer eine Störung des immunologischen Gleichgewichts.
Verwendete Quellen
Theofilopoulos, A.N., D.H. Kono, and R. Baccala, The multiple pathways to autoimmunity. Nat Immunol, 2017. 18(7): p. 716-724.
Park, H., et al., Lighting the fires within: the cell biology of autoinflammatory diseases. Nat Rev Immunol, 2012. 12(8): p. 570-80.
Cooper, G.S. and B.C. Stroehla, The epidemiology of autoimmune diseases. Autoimmun Rev, 2003. 2(3): p. 119-25.
Rubtsova, K., P. Marrack, and A.V. Rubtsov, Sexual dimorphism in autoimmunity. J Clin Invest, 2015. 125(6): p. 2187-93.
Markle, J.G. and E.N. Fish, SeXX matters in immunity. Trends Immunol, 2014. 35(3): p. 97-104.
Ter Horst, R., et al., Host and Environmental Factors Influencing Individual Human Cytokine Responses. Cell, 2016. 167(4): p. 1111-1124 e13.